BIM-Interviewserie Teil 3

Ein wesentlicher Faktor für den erfolgreichen Einsatz von Building Information Modeling (BIM) sind qualitativ hochwertige, geprüfte und standardisierte Daten – und der sichere Umgang damit.

Welche messbaren, positiven Ergebnisse durch BIM entstehen und welche Rolle BIM-Standards spielen, haben wir bei Expertinnen und Experten der Arbeitsgruppe 011 09 „Technisches Zeichnen und Dokumentation im Bauwesen“ nachgefragt.

Das Gespräch wurde geführt mit:

  • Azra Dudakovic, BIM-Expertin und CEO, SIDE GmbH
  • Monika Ilg, Geschäftsführerin, ib-data GmbH
  • Peter Kompolschek, Geschäftsführer, Architekturbüro Kompolschek | Vorsitzender des Komitees 011 „Hochbau Allgemeines“
  • Stefan Pölzl, BIM- und IT-Koordinator, ASFINAG Bau Management GmbH

BIM-Vorteile sind vielfältig

Austrian Standards: Welche messbaren, positiven Ergebnisse entstehen durch BIM?

Stefan Pölzl: Kosten- und Terminstabilität nehmen deutlich messbar zu, weil schon am Anfang der Planung sehr viele Details beachtet werden. Bei unseren BIM Pilotprojekten gab es auch weniger Fragen von Bieterinnen und Bietern. Ein großer Mehrwert ist außerdem die transparente Arbeit von beiden Seiten und die daraus verbesserte Kommunikation im Projekt.

Monika Ilg: Wenn wir die Daten, die wir mit BIM einmalig eingeben, effektiv nutzen, weiterverwenden und darauf aufbauen können, bietet BIM hohes Einsparungspotential, weil man sich aufs Wesentliche konzentrieren kann.

Azra Dudakovic: Ein großer Mehrwert ist auch die bessere Einsicht in Projekte. Ich denke, BIM hilft enorm bei einer wirklich informierten Entscheidungsfindung. So können Entscheidungen schon früher im Projektverlauf getroffen werden. Auf der Seite der Auftragnehmerinnen/Auftragnehmer wird die Zusammenarbeit besser unterstützt.

Unsere Branche ist sehr spezialisiert. Jede:r Projektbeteiligte:r hat einen Teil, um den sie/er sich kümmern muss. Bisher wurde wenig darauf geachtet, was die/der Nächste in der Kette braucht, damit die Arbeit schneller oder besser erledigen werden kann. Ich denke, mit BIM kommt man näher zu diesem Verständnis für Andere im Projekt und so ist auf jeden Fall eine höhere Produktivität zu erwarten. Jedenfalls habe ich diese Erfahrung schon in mehreren Projekten gemacht.

Peter Kompolschek: Je höher die Qualität in der Planung und in der Ausarbeitung ist, desto höheren Mehrwert bekommt man. Die Kosten können außerdem mit BIM viel besser plausibilisiert werden. Da brauchen wir noch Kontrollmechanismen. Die Projekte werden aber insgesamt durch BIM laufend besser und das merkt man auch.

Transparenz und Teilen braucht Sicherheit

Austrian Standards: Gibt es noch Gegenstimmen zu BIM, die zum Beispiel skeptisch gegenüber den neuen Projektabläufen sind?

Stefan Pölzl: Gegenstimmen gibt es immer. In der Praxis kam es immer wieder vor, dass Projektpartner ihre Daten nicht sehr gerne weitergeben wollten – aus Angst, dass sie nachher an die Konkurrenz gehen könnten. Dies hat sich durch die Weiterentwicklung der Software und des open BIM Austauschformates ins positive verwandelt.

Monika Ilg: Es ist ja nicht so, dass die Unternehmen mit BIM Informationen transparent machen müssten, die nicht ohne BIM auch schon transparent gemacht wurden. Es gibt immer Leute, die diese Tendenz der Digitalisierung nicht unbedingt unterstützen, aber ich glaube es ist nicht das Thema der Transparenz, dass man damit verbinden könnte. Sehr wichtig ist aber die Vertrauenswürdigkeit der Daten. Es muss gesichert sein, dass Daten aus fremden Quellen auch wirklich in Ordnung sind, um auf ihnen aufzubauen – am besten mit einer Prüfsoftware.

Peter Kompolschek: Ich denke, zu Beginn gab es das Missverständnis, dass BIM alle Informationen öffentlich einsehbar macht. Mittlerweile haben aber doch die meisten erkannt, dass es Werkzeuge gibt, vergleichbar mit einem Filter, mit denen ich genau bestimmen kann, wer Zugang zu den jeweiligen Informationen bekommt. So kann man beispielsweise seine eigene Kalkulation im BIM-Modell speichern, aber sie bleibt trotzdem privat und wird nicht automatisch an alle verteilt.
Außerdem wird unter dem Stichwort „Allianz Modell“ mit einem gemeinsamen Risiko ohnehin eine ganz neue Transparenz gefordert. Dafür ist BIM wahrscheinlich eines der wesentlichsten Tools. Bei uns in Österreich, wo viele kleine und große Unternehmen an einem Bauprojekt arbeiten, müssen wir alle Fragen des Datenaustauschs auch in ein Haftungssystem bringen. Das sind Unsicherheiten, an denen wir noch arbeiten müssen. 

Für Auftraggeber:innen und Bauherr:innen gehört BIM aber fast zum Daily Business.

Mehr zum Thema

In Teil 1 lesen Sie, welchen Nutzen BIM-Standards für User:innen haben und welche Zukunftsaussichten es für die Planungs- und Baubranche gibt.

In Teil 2 des Interviews erfahren Sie mehr über BIM-Pilotprojekte und welche Schlüsse daraus gezogen werden können.

Zu den Expert:innen

Ist CEO bei BIM Consulting Unternehmen SIDE GmbH, wo sie Kunden in der strategischen und operativen Implementierung der Bauinformationstechnologien berät und unterstützt. Die Reise in die Digitalisierung der Baubranche begann sie davor bei der STRABAG AG, wo sie fünf Jahre lang bei den BIM-Entwicklungen im Konzern mitwirkte. Vor ihrem Umzug nach Wien koordinierte sie Forschungsprojekte am Institut für Architektur an der Sarajevo Universität und war parallel in der Architekturplanung tätig.

Porträtbild von Azra Dudakovic

Ist Geschäftsführerin der ib-data GmbH, Hersteller der ABK-Bausoftware. Seit 2018 ist sie Vorsitzende der Arbeitsgruppe ÖNORM A 2063-1 und 2 und wirkt in weiteren Standardisierungsgremien zu den Themen BIM, Ausschreibung, Kalkulation, Abrechnung und Kostenmanagement mit (ÖNORM B 2061, ÖNORM A 6241-2, ÖNORM B 1801-1).

Porträtbild von Monika Ilg

Diplomingenieur für Architektur an der TU Graz, eigenes Architekturbüro seit 2000, Lehrender an der FH Joanneum für Revitalisierung, Projektmanagement und Lebenszyklus von 2011 bis 2018. Dort Entwicklung eines BIM Curriculums, Diverse Konsulentenaufträge für BIM bezogene Aufgabenstellungen im In- und Ausland. Zahlreiche Wohn- und Gesundheitsbauten, darunter Revitalisierung des ältesten Bauteils des LKH Villach. Seit 2014 European BIM Group – Delegierter Österreichs.

Porträtbild von Peter Kompolschek

Ist seit Februar 2021 als „Experte BIM und IT-Koordinator“ tätig. Zu seinen Tätigkeiten zählt die Weiterentwicklung der BIM-Agenden, die Betreuung der BIM-Projekte, die Optimierung des Bauprozesses durch Digitalisierungsaspekte und die Schaffung und Bereitstellung von zentralen, vernetzten und durchgängigen Daten in der ASFINAG. Des Weiteren ist er Mitglied in Arbeitskreisen (Austrian Standards, ÖIAV, ÖBV, FSV ...) zu den Themen BIM und Digitalisierung.

Porträtbild von Stefan Pölzl