Standards brauchen Frauen - mehr denn je!

06.03.2023
Symbolbild

Austrian Standards ist nicht nur das heimische Zentrum für Standardisierung und Innovation, sondern auch die österreichische Stimme in der internationalen Standardisierung – dem wichtigsten „Ort“ für Standards von morgen. In Zukunft möchte Austrian Standards vermehrt Frauen für die bedeutende Arbeit in den Standardisierungsgremien begeistern. Davon verspricht sich Valerie Höllinger, CEO Austrian Standards, dass die Vielfalt an Perspektiven, Anliegen und Positionen von Frauen auch inhaltlich stärker in Standards abgebildet werden. Erste Fortschritte sind z. B. in den Bereichen Mobilität, aber auch bei Menstruationsprodukten erkennbar.

Heutzutage werden bereits mehr als 92 Prozent aller Standards auf internationaler bzw. europäischer Ebene entwickelt. Austrian Standards ist über sein starkes Netzwerk mit den internationalen Standardisierungs-Organisationen ISO, CEN und ETSI über den gesamten Erdball aktiv – und das im Interesse der heimischen Wirtschaft. So ist garantiert, dass die rot-weiß-rote Expertise bei globalen Standards Gehör findet. Sukzessive wächst auch die Zahl der Frauen in den unterschiedlichen Standardisierungsgremien. Bei Austrian Standards selbst wird Diversität gelebt: Ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis mit 54 Prozent Frauen unter den Mitarbeitenden wird durch zahlreiche Möglichkeiten wie Führen in Teilzeit, flexible Arbeitszeitgestaltung und Homeoffice-Vereinbarungen gezielt gefördert. Mit Erfolg: 42 Prozent der Abteilungen werden von Frauen geführt. Auch das Management-Board besteht zu zwei Drittel aus Frauen. Mit Valerie Höllinger übernahm 2022 bereits die zweite Frau in Folge die Rolle der Geschäftsführung. Doch was die Beteiligung von Frauen an der Standardisierung angeht, sieht man bei Austrian Standards noch weitere Möglichkeiten.

Frauen in der Standardisierung bedeuten Perspektivenerweiterung

Valerie Höllinger © feelimage/Felicitas Matern
Valerie Höllinger © feelimage/Felicitas Matern

„Das Potenzial ist längst nicht ausgeschöpft“, betont Valerie Höllinger. „Darum wollen wir mehr denn je Frauen für die Standardisierung in diesem immer internationaleren Umfeld begeistern“, erklärt sie die Mission. Standards beschreiben, was „state of the art“ ist – also das „Wie“ ein Produkt, eine Organisation oder ein Service gestaltet sein sollte, um möglichst breit anerkannt, international anschluss- und damit marktfähig sowie sicher zu sein. „Damit eben all das gewährleistet ist, setzen wir auf breite und diverse Expertise in unseren Komitees, in denen die Standards entstehen“, erklärt Valerie Höllinger weiter. Den am 8. März bevorstehenden internationalen Frauentag nutzt sie für einen Aufruf: „Wir leben Vielfalt nicht nur, für uns ist sie erfolgsentscheidend. Es gibt viele Unternehmen, die durch Diversität ihren Job noch besser machen können. Die Arbeit der Standardisierung wäre ohne Diversität hingegen schlicht unmöglich. Darum wollen wir Frauen stärker für diese sinnstiftende Arbeit begeistern.“

Corina Klug © TU Graz/fotogenia
Corina Klug © TU Graz/fotogenia

Beispiel Crashtest-Dummies

Wie wichtig die Beteiligung von Frauen in der Standardisierung ist, weiß Ass.Prof. Dr. Corina Klug vom Institut für Fahrzeugsicherheit an der TU Graz. „Durch die Mitarbeit an neuen Standards können wir aktuelle Forschungsergebnisse in die Produkte von morgen bringen. In meinem Fall sind das Fahrzeuge, die wir somit sicherer für alle Menschen machen. Aktuell geht es in unserer Forschung darum, dass wir die Diversität von Verkehrsteilnehmer:innen in der Bewertung von Sicherheitssystemen berücksichtigen können. Dazu arbeiten wir zum Beispiel an standardisierten Methoden für virtuelles Testen, in denen wir Unterschiede im Körperbau berücksichtigen können. Im EU-Projekt VIRTUAL, in dem wir beteiligt waren, wurden dafür neue Grundsteine gelegt, die es nun gilt in Zukunft in neue Standards zu packen.“ Klug arbeitet über Austrian Standards im internationalen Komitee ISO/TC 22/SC 36/WG 6 „Performance criteria expressed in biomechanical terms“ mit.

Bisher galt der Mann als Prototyp

Die Geschlechterforschung zeigt immer wieder auf, wie essenziell die Inklusion von Frauen ist. Die internationale feministische Technikforschung* geht sogar so weit und deklariert, dass weder Männlichkeit, Weiblichkeit noch Technologie feststehende, einheitliche Kategorien sind, sondern vielmehr vielfältige Möglichkeiten enthalten. Dies impliziert aber auch die Notwendigkeit der Beteiligung von Frauen aus Wirtschaft, Forschung, Innovation, Interessensvertretungen, Verwaltung und NGOs in den entsprechenden Prozessen und Netzwerken.

Austrian Standards stellt hierfür die Infrastruktur und die Plattform zur Verfügung, fördert den interdisziplinären Dialog und bringt das Know-how aus der ganzen Welt nach Österreich. Dieser Austausch von Informationen und Feedback stärkt zudem die Sichtbarkeit von Frauen und vernetzt sie mit Partnerorganisationen aus mehr als 160 Ländern. „Standards gestalten Wirtschaft. So können Frauen durch die Mitarbeit in der Standardisierung aktiv die Zukunft mitgestalten. Innerhalb der Standardisierung erhalten auch ganz konkrete Frauenthemen immer öfter jene Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Der Ruf nach mehr Frauen in der Standardisierung wird daher auch notwendig sein, um in Zukunft diverse Perspektiven abzubilden“, erklärt Valerie Höllinger.

Dazu zählt z. B. das Standards-Zukunftsfeld der Menstruationsprodukte: 2021 wurde ein Antrag bei der Internationalen Standardisierungs-Organisation ISO für die Gründung eines Komitees zum Thema „Menstruationsprodukte“ gestellt. In Österreich beschäftigt sich das Komitee 179 „Medizintechnik" u.a. mit dieser Thematik, um hier die Interessen der Frauen abzubilden. Um eine Priorität unter den verschiedenen Aspekten von Menstruationsprodukten vorzugeben, soll der erste zu entwickelnde Vorschlag ein allgemeiner Anforderungsstandard sein, der sich auf die Sicherheits-, Leistungs- und Gesundheitsanforderungen aus der Perspektive der Benutzerin konzentriert.

Starke Frauen in der Standardisierung

Austrian Standards hat Komitee-Teilnehmerinnen gefragt, warum es ihnen wichtig ist, in der Standardisierung mitzugestalten, und warum sie der Meinung sind, dass ein höherer Frauenanteil von Vorteil für die ganze Gesellschaft wäre.

Die Videos von Elisabeth Mertl (OFI Technologie & Innovation GmbH, Komitee 179 „Medizintechnik“) und Gerda Ruppi-Lang (Inhaberin Mediations- & Beratungszentrum, Komitee 249 „Dienstleistungen und Prozesse der Personalentwicklung“) können unter https://www.austrian-standards.at/internationalwomensday aufgerufen werden.

* Quelle: Wajcman, Judy. 2002. Gender in der Technologieforschung. In Wie natürlich ist Geschlecht? Gender und die Konstruktion von Natur und Technik, Hrsg. Ursula Pasero und Anja Gottburgsen, 270–289. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.

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Mirjana Verena Mully

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