Risikomanagement: Neue ÖNORM hilft Unternehmen praxisnah durch Krisen
Mit der neuen ÖNORM-Reihe D 4900 ist am 1. Jänner laut ISO-Experten das „weltweit wohl beste Regelwerk zum Risikomanagement“ erschienen. Der Standard zur Umsetzung der ISO 31000 zeigt die Anforderungen an ein umsetzbares Risikomanagement und gibt mit Leitlinien und Checklisten viel praktische Unterstützung. Ab sofort ist der neue Standard auch zertifizierbar.
Risikomanagement hilft Unternehmen und Organisationen schwierige Zeiten zu überstehen und die Zukunft zu sichern. Große, komplexe oder sicherheitskritische Versorger wie Stromlieferanten und Flughäfen sind dazu verpflichtet, Risikomanagementsysteme zu haben. Auch für Gesundheitsorganisationen wie Krankenhäuser oder für kleine und mittlere Industrie- oder Dienstleistungs-Unternehmen ist präventives Risikomanagement eine Notwendigkeit. Spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie ist klar geworden: Risikomanagement ist branchenübergreifend – vom Lebensmittelhersteller bis zum Kfz-Betrieb – für Unternehmen jeder Größe essenziell. Mit der neuen Normenreihe zur Umsetzung der ISO 31000, die Leitlinien für das Risikomanagement beschreibt, stehen konkrete Anforderungen mit einer praxistauglichen Anleitung für private Unternehmen und öffentliche Organisationen zur Verfügung.
Nicht warten, bis es brennt – Prävention sichert die Zukunft
„Risikomanagement ist weit mehr als das Erstellen von Evakuierungsplänen für den Brandfall. Im Bereich Krisenmanagement beschreibt die neue Normenreihe von Austrian Standards beispielsweise Prozesse, die gerade auf den richtigen Umgang mit unerwarteten Gefährdungen zugeschnitten sind, die Unternehmen trotz präventiver Maßnahmen plötzlich und schwer treffen. Da finden sich universelle, standardisierte Handlungsanleitungen zu: Wie komme ich mit der Auswirkungsanalyse über richtig priorisierte Ziele zu Aufträgen und damit Schritt für Schritt ‚vor die Lage‘. Risikomanager und weitsichtige Unternehmerinnen finden mit Hilfe der ÖNORM schneller die besten Antworten, anwendbar auf alle individuellen Bedürfnisse“, sagt Mag. Martin Voill, Leiter der Arbeitsgruppe „Notfall- und Krisenmanagement“ im Komitee 252 „Risikomanagement, Business Continuity Management, Resilienzmanagement und Corporate Security Management“ bei Austrian Standards.
Prof. Dr. Bruno Brühwiler, ehemaliger Vorsitzender des ISO-Komitees für die ISO 31000, kommentiert die Publikation der ÖNORM-Reihe D 4900 erfreut: „Als früherer Vorsitzender des ISO-Komitees für die global geltende ISO 31000 kann ich feststellen, dass wir nun mit der ÖNORM-Reihe das gegenwärtig weltweit wohl beste Regelwerk zum Risikomanagement vorliegen haben.“
Corona Krise zeigt: Risiko ist Gefahr und Chance
Auch der generelle Zugang zu Krise und Risiko hat sich im neuen Standard weiterentwickelt. Risiko bedeutet nicht nur „Gefahr“, sondern auch „Chance“. Voill: „Es geht im Risikomanagement darum, wie Werte systematisch erhalten und neue geschaffen werden können. Der Best Case in der Risikoanalyse soll die positiven Auswirkungen darstellen, die ein Risiko auf eine Organisation oder auf ein System haben kann. Jedes Risiko hat die Chance, zum Treiber von Innovationen zu werden.“ Beispiele dafür liefert nicht zuletzt die Gegenwart: In Zeiten von Ausgangsbeschränkungen und Lockdowns haben viele Unternehmen ihre Webpräsenz überarbeitet oder gar gestartet. Laut der Studie „E-Commerce-Markt Österreich 2020“ von EHI und Statista in Kooperation mit dem Handelsverband ist 2020 im E-Commerce das erste Mal seit mehr als einem Jahrzehnt der Kaufkraftabfluss von Österreich ins Ausland von 57 auf 54 Prozent zurückgegangen. Gastronomiebetriebe haben von heute auf morgen ein Take-away-Angebot geschaffen und Onlinemeetings sowie Homeoffice sind in zahlreichen Betrieben neue Gewohnheit geworden.
„In der Corona-Krise zeigt sich, dass die Konzerne und Unternehmen, die schon vorher Risikomanagement implementiert hatten, schneller Prioritäten setzen konnten, neue Handlungsoptionen entwickeln und effektive Schadensminimierung betreiben. Sie kamen schnell aus einer Art Schockstarre in effektives Agieren. Die ÖNORM D 4902-3 navigiert alle Beteiligten noch besser durch Krisensituationen, so wie das TCAS in der Luftfahrt unabdingbar ist, um Kollisionen zu vermeiden“, weiß Voill.
Ab sofort zertifizierbar: Neue ÖNORM punktet mit einheitlicher Terminologie und Struktur
Mit der Neuerscheinung wird man dem Wandel in der Praxis gerecht. So hat sich in den vergangenen Jahren der Schwerpunkt des Risikomanagements vom Prozess und seinen verschiedenen Anwendungsmethoden zum Risikomanagementsystem verlagert. Daneben haben sich Managementsystem-Standards auch auf weitere Anwendungsgebiete ausgedehnt.
„Bei dieser Entwicklung drängte es sich auf, eine Harmonisierung von Managementsystemen vorzunehmen. Daraus entstand die ISO High Level Structure (HLS) for Management System Standards (MSS). Sie enthält nicht nur eine einheitliche Terminologie, sondern auch eine gemeinsame Struktur für Managementsysteme“, erklärt Brühwiler. Dank HLS ist die neu erschienene Normenreihe international anerkannt und zertifizierbar und für die Anwenderinnen und Anwender noch verständlicher als ihr Vorgänger: Die neue ÖNORM stellt eine Weiterentwicklung der ONR 49000 dar und ist als Norm auch verbindlicher.
Zertifizierung mit langjähriger Erfahrung
Die neue Publikation von Austrian Standards ist am 1. Jänner 2021 erschienen und wurde in Zusammenarbeit mit international anerkannten Expertinnen und Experten für Normen und Risikomanagement verfasst. Austrian Standards ist eine unabhängige österreichische Organisation für Standardisierung und Innovation. Sie bietet zahlreiche Services rund um Standardisierung – zum Beispiel die Zertifizierung zum Risikomanager nach der ÖNORM D 4903 (früher ONR 49003). Im Jahr 2010 implementierte zum Beispiel die Schweizer Regierung ein Risikomanagementsystem auf Basis des in Österreich entwickelten Regelwerks ONR 49000. Das Regelwerk von Austrian Standards galt schon damals als „State of the Art“.
Nähere Infos zur Publikation bei Austrian Standards.